03.05.2005 Bedingt durch einen geänderten Fährenfahrplan mussten wir schon heute zur Vesuvbesteigung aufbrechen und am Abend Richtung Stromboli einschiffen (das Ganze stellte sich im Nachhinein wetter-mässig als Glücksfall heraus). Geschlafen haben wir mehr schlecht als recht. Bis nach Mitternacht war das hupen und knattern von der Strasse unüberhörbar und mitten in der Nacht rückte dann die Müllabfuhr an. In Neapel fällt der Tourist unter anderem dadurch auf, dass er seinen Müll in eine Mülltonne entsorgt. Der Napoletaner schmeisst alles auf die Strasse. Auch seinen Hausmüll. Ganze Müllberge häufen sich tagsüber an und (fast) jede Nacht räumt die Müllabfuhr das Schlachtfeld wieder auf.
Zurück zum Tagesplan. Die Vorortsbahn "Circum Vesuviano" (zu deutsch: Rund um den Vesuv) brachte uns an den Fuss des Vulkanes. Man könnte wirklich rund um den Vesuv fahren, allerdings ist umsteigen nötig. Mit einem Huup-huup gings nun an der Flanke des Berges hoch. Thomas: Zu neunt in einem Taxi, dass offiziell über acht Sitzplätze verfügte; Das Ergebnis war sehr günstig, aber auch echt kuschlig.

Dafür, dass dieser Vulkan statistisch gesehen längst wieder mal hätte ausbrechen müssen und definitiv noch nicht erloschen ist, sind die Bergflanken sehr stark bebauen. Dabei würde ab einer gewissen Höhe ein Bauverbot existieren. Dieses drückt natürlich auf die Bodenpreise und dies wiederum macht gerade hier das Bauen natürlich sehr attraktiv. Den letzten Kilo-meter bis zum Kraterrand kann man (gegen 8 Euro Eintritt) in einem halbstündigen Spaziergang hoch laufen. Auf dem Weg zum Krater sieht man deutlich den erkalteten Lavastrom vom letzten Ausbruch 1944 (Im Bild das Graue im Tal unten). Wenn man jetzt noch weiss, dass der Vesuv durchschnittlich 3 Mal pro Jahrhundert ausbricht, kann man abschätzen, wie schlau es ist, hier zu bauen. Was man ganz oben zu sehen bekommt, ist so gewaltig, dass man es nicht wirklich in Worte fassen kann. Auf der einen Seite ein riesiger Krater, in dem an einigen Stellen noch Dampf und Gaswölkchen entweichen. Auf der anderen Seite eine bis in die bebauten Regionen hinunter gleichmässig abfallende Bergflanke. Ein Stein, der hier mal ins rollen kommt, stoppt erst an einer Haus-mauer. Kein Wunder gabs beim grossen Knall 79 nach Christus in Pompey und Herkulaneum so viele Tote. Mit den heutigen Vorwarnmöglichkeiten könnten sich die Anwohner zwar rein theoretisch in Sicher-heit bringen (immerhin eine Million Nasen an der Zahl), aber wo und von was sollen die Evakuierten dann leben, wenn hier alles eingeschmolzen ist.

Vom Huup-huup wieder abgeholt gings nach einer kleinen Stärkung zu den Ausgrabungen von Herkula-neum. 79 nach Christus wurde diese Stadt zuerst von einer pyroklastischen Wolke (ca. 400 Grad Celcius heiss und einige hundert Stundenkilometer schnell) "überbacken" und dann ca. 18 Meter tief unter einem Lahar (Schlammlavine) begraben und konserviert. Durch den Druck der Schlammmassen wurden hier im Gegensatz zu Pompey die meisten sterblichen Überreste der Bewohner zerstört, aber die Häuser selber mit ihren unzähligen Mosaiken blieben bis zur Ausgrabung perfekt erhalten. Das ist übrigens ein grosses Problem bei all diesen Ausgrabungen: Jahrhunderte lang blieb alles konserviert, aber nachdem es vom Menschen entdeckt und ausge-graben ist, zerfällt es durch die Einflüsse von Sonne, Sauerstoff und saurem Regen innerhalb 2 bis 3 Jahrzehnten. Der fachmännische Schutz und die Konservierung der Ausgrabungen wurden sehr lange vernachlässigt. Thomas: Das ist teilweise verständlich, denn diese Restaurationsarbeiten verschlingen enorme, aber nicht vorhandene Geldsummen, deshalb werden (schlauerweise) im Moment auch keine weiteren Teile mehr ausgegraben, sondern die schon freigelegten Stellen bestmöglich für die Nachwelt erhalten.

Jetzt waren unsere Füsse (ein erstes Mal) endgültig hinüber, aber dummerweise mussten wir ja schon am Morgen im Hotel auschecken und die Fähre fuhr erst um 21:00, also erst in 5 Stunden, los. Notgedrungen laatschten wir also weiter durch die Stadt. In einem Supermarkt aufmunitioniert und durch eine köstliche Pizza gestärkt, schifften wir gegen 20 Uhr auf der Palladio ein. Zuerst warteten wir aber noch kurz auf Chris, der freundlicherweise unser Gepäck im Hotel abholte. Dabei gabs unfreiwillig, aber nicht minder witzig die
Verkehrskunde auf napoletanisch Teil 2:
Total 6 Polizisten und eine eigentlich tadellos funktionierende Ampelanlage versuchten gleichzeitig, aber nicht nach den gleichen Regeln den Verkehr auf der gigantischen Kreuzung am Hafen zu regeln. Und dabei waren sich noch nicht mal alle Polizisten einig. Ist noch spannend zu beobachten, was passiert, wenn von 2 Seiten her je 4 Spuren von Autos gleichzeitig auf den selben Punkt los gelassen werden. Resultat: Die Fahrzeuglenker arrangieren sich wie gewohnt irgendwie (Huup!) und die 2 verantwortlichen Polizisten massregeln sich gegenseitig lautstark und mit wilden Drohgeberden. - Der Polizist gleich neben uns hatte wenigstens nur die unbeirrbare Ampel als hartnäckigen Gegner. Also schauten die Lenker (mehrheitlich) auf den Polizisten, der sich am Strassenrand mit der Kelle Sauerstoff zufächerte. Die Fussgänger wiederum folgten der Ampel. Da liefen die Fussgänger und fuhren die Autos gleichzeitig oder es bewegte sich gar niemand mehr. Zur Abwechslung flog auch immer mal wieder ein Fussball quer über die Kreuzung (Kinder kickten auf einem nahen Parkplatz).
Wärend den 20 Minuten, die wir beobachteten, krachte es mindestens 2 Mal in diesem Chaos (kleinere Rempeleien mit Plastikschaden nicht mitgezählt). Wenn es unserem Lieblingspolizisten wieder mal zu bunt wurde, zückte er den Notizblock und notierte irgend ein Kontrollschild. Interessanterweise lief der Verkehr immer dann wieder problemlos und flüssig, wenn er seine Kelle mangels dritter Hand gerade nicht dem Verkehr präsentieren konnte.
Thomas: Und wenn sich aus der Ferne ein bereits am zweiten Tag sehr vertrautes, Lalülalü.....Lalülalü.....Lalülalü näherte, fingen die Polizisten nun endgültig an zu hyperventilieren, und hätten die Autos am liebsten von Hand beiseite gehoben, um den Weg frei zu machen.


Aber jetzt gings auf die Fähre. Noch ein letztes SMS in die Schweiz geschickt und als dann die Lichter von Neapel am Horizont verschwanden und wir die Insel Capri bei der Durchfahrt der gleichnamigen Meerenge passiert hatten, zogen wir uns auf die beinahe bequemen Schlafsitze zurück. Die kann man sich wie Flugzeugsitze vorstellen, einfach mit etwas mehr Beinfreiheit. Schlafen konnte man hier auch nur begrenzt, aber wir wollten zum Glück ja eh schon früh wieder aufstehen.
Autor: Stefan Thalmann
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