04.05.2005 Ich war schon wach, als uns Chris um 04:20 wecken wollte. Der Grund: Mitten in der Dunkelheit konnten die ersten Ausbrüche des Stromboli am Horizont ausgemacht werden. Die nächsten 2 Stunden verbrachten wir am Bug der Fähre und starrten bei aufgehender Sonne in die Ferne. In dieser Zeit konnten wir ca. 4-5 Ausbrüche erkennen. Dann wurde es für weitere Beobachtungen zu hell.
Thomas: Bei unserem hobbymässigen Astro-nauten Werner hielt sich die Begeisterung über dieses gelegentliche Zigarrenglühen am Horrizont eher in Grenzen, zumal er es meistens verpasste, weil er ständig zwischen dem schlecht geheiztem Vorderdeck (*biberbiber*) und dem warmen Schiffsinneren hin und her pillgerte. Für mich war das Schauspiel natürlich schon „Boahhhh“.

Gegen 7 Uhr legte die Fähre an, aber auch hier war beim Aussteigen wieder mal Geduld angesagt, bis es die Giovannies fertig brachten, das ver-klemmte Ladetor zu öffnen. Endlich schmissen wir das Gepäck auf den Hotelwagen und genossen die erste Kaffeepause mit Cornetto auf der Insel Stromboli.
Die nächsten 6 Stunden waren Faulenzen und Kräfte tanken für den kommenden Abend angesagt. Um 16:30 starteten wir bei immer noch sommerlichen Temperaturen den Aufstieg in Rich-tung der aktiven Krater. Ascheeruptionen konnten wir schon den ganzen Tag über beobachten.
Thomas: Denn wenn der Vulkan regelmässig seinen Rülps loslies, stieg jeweils hinter dem Gipfel ein dunkler Rauchpilz in den Himmel.

Im Dunkeln wollten wir jetzt natürlich die Ausbrüche auch noch glühen sehen. Chris hatte seine Kontakte auf der Insel spielen lassen und in Erfahrung gebracht, dass die neue offizielle Aufstiegsroute (auf der Karte von rechts her am Vulkan hoch), die alle örtlichen Führer benutzen mussten, a) wahrscheinlich ausgebucht und somit überfüllt sei und b) zuoberst zwar einen perfekten Rundblick bieten würde, aber man dafür nur gerade eine gute Stunde lang überhaupt Kratersicht hätte (Auflagen der Behörden). Die alte Route (genau von Norden her entlang der Sciara del Fuoco bzw. Feuerrutsche hoch) sei nur noch auf eigene Gefahr zugänglich und auch nur bis in 400 Meter Höhe (Die Krater liegen auf ca. 700 Meter Höhe). Dafür könne man schon während dem gesamten Aufstieg die Krater beobachten und Zeitlimiten gäbe es hier auch nicht. Ausserdem läge auf der alten Route eine Pizzeria, von der aus man ebenfalls Kratersicht habe.
Thomas: Pizza? Warum hat er das nicht gleich gesagt?

Die Fakten machten klar: Es soll die alte Aufstiegs-route werden. Der Aufstieg ist steil und ohne gutes Schuhwerk nicht zu bewältigen (das schreibt jemand, der in den Bergen gerne mit Turnschuhen unterwegs ist!). Den ersten Halt machten wir an einem super Aussichtspunkt auf die Feuerrutsche, einer Art Geröllhalde, die von den 3 aktiven Kratern auf 700 Meter Höhe bis ins Meer hinunter führt. Alles, was der Stromboli ausspuckt, bleibt am Kraterrand liegen oder kommt hier herunter. Immer wieder donnerte glühend heisses Geröll die Feuerrutsche herab, schlug im Meer ein Und verschwand in einer kochenden Wasserfontäne.

Etwas nach 18 Uhr erreichten wir einen impro-visierten Helikopterlandeplatz auf über 400 Meter über Meer, unser Aufstiegsziel. Um 19:30 ging dann endlich die Sonne unter und in der nächsten Stunde hofften wir auf den ultimativen Ausbruch. Doch Stromboli übte sich in Bescheidenheit (ca. 3-4 mässige Ausbrüche in gut 2 Stunden).

Der Zeitplan von Chris sah vor, dass wir um 20:30 den Abstieg beginnen würden, nur war ich mit den Fotoresultaten noch nicht wirklich zufrieden. Und irgendwie bemerkte das Chris. Jetzt stach der grösste Vorteil unserer Entscheidung auf einen örtlichen Führer zu verzichten: Chris bot uns (zu meiner grossen Verwunderung) an, dass wir selbstständig hier an der Vulkanflanke weiter ausharren könnten, während er mit den Abstiegswilligen los ziehen würde. Überlegen war da überflüssig: NA KLAR! Auch Thomas, unser Kameramann, wollte bleiben. Thomas: Logisch!
Verantwortungsbewusst kontrollierte Chris noch, ob wir die nötige Ausrüstung für unser Vorhaben wirklich dabei hätten (Taschenlampe, Flüssigkeit usw.) und schon waren wir auf uns alleine gestellt. Und die Entscheidung war goldrichtig. In der nächsten halben Stunde konnten wir 4 beeindruckende Ausbrüche beobach-ten und festhalten.
Thomas: Aber wie der Zufall so spielt, den grössten Ausbruch verpassten wir natürlich, um ihn auf Band oder Chip zu verewigen, da er Murphys Gesetz folgend ca. 15 Sekunden nach unserer Entscheidung, jetzt auch aufzubrechen, passierte. Pech!

Trotzdem zufrieden und voller Freude auf die Pizza machen auch wir uns jetzt um viertel nach neun an den Abstieg - theoretisch. Der Abstieg war Recht speziell, denn der ganze Weg ist mit einer Art dunklem Babypuder überzogen (Asche und Staub) und so wandelten wir oft in einer selbst aufgewühlten Staubwolke.
Thomas: Soweit es der Untergrund zuliess, gaben wir bergab richtig Gas, um möglichst nicht zu lange nach den anderen bei der Pizza anzukommen. An dieser Stelle einen Gruss an die Fussgelenke.

Und dann "der Schock": In der Pizzeria angekommen hiess es, dass der Pizzaofen heute nicht eingeheizt sei. Seit der Buchung war ich mir am ausmalen, wie man Zitat "zur einzigartig gelegenen Pizzeria L'Observatorio absteigen und dort speisen, während wir die Ausbrüche beobachten können" verstehen durfte. Und jetzt haben diese Tonis den Ofen aus. Da hätten wir auch gleich nochmals ne Stunde am Aussichtspunkt bleiben können *seufz*. Das "speisen" bestand nun halt aus den teuersten Spaghetti mit Tomatenirgendwas, die ich je gegessen hatte. Aber man kann halt nicht alles haben.
Kurz vor 12 Uhr war das ruhig gelegene Hotel mit den bequemen Betten erreicht und das Einschlafen funktionierte nach dem KO-Prinzip.
Autor: Stefan Thalmann
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