Die Ostküste Amerikas

Week 1 Week 2 Week 3 Week 4 Week 5 Week 6

Stefan Thalman

Montag, 10. September 2001

Am Strassenschild (Bild 01_09_10) mit Seltenheitswert werdet ihr wohl schnell herausfinden, was am Montag auf dem Programm stand. The Kennedy Space Center Visitor Complex. Die Ausstellungen sind auf vier Örtlichkeiten verteilt. Das Launch Complex 39 Observatory (dem nächsten Punkt an den Shuttlestartrampen mit entsprechender Ausstellung und Show), dem Gemini und Apollo Ausstellungszentrum, dem ISS-Komplex und dem Eingangsbereich mit 3D-IMax-Theater (Sackstark!). Zwischen den verschiedenen Zentren, die schon ein paar Meilen auseinanderliegen, verkehren Busse. Wenn ich ehrlich bin bin ich ein wenig enttäuscht von der Grösse eines kompletten Shuttles. Ich hab mir die Dinger noch grösser vorgestellt. Die Saturn V Rakete für den Flug zum Mond war beispielsweise doppelt so hoch wie der Haupttank des Shuttles. Wenn man alles sehen will muss man schon eine zwei Tageskarte lösen. Wir haben die zwei Spezialtouren um Launchkomplex 39 und zur Apollostartplattform (je 2h und 20$ zusätzlich) weggelassen. Auch bei den Shows hat es nicht für alles gereicht. Die besuchten Vorstellungen waren aber erste Sahne. Quer durch alle Präsentationen hat man aber wieder deutlich gemerkt, dass die Amis von sich selber glauben Götter zu sein. Misserfolge wie beispielsweise die Challengerkatastrophe werden wenn immer irgendwie möglich unter den Tisch gekehrt. Und beim ISS-Projekt bekommt man den Eindruck, als dass Amerika netterweise den Rest der Welt mitspielen lässt, obwohl sie es eigentlich nicht nötig hätten. Im Souveniershop hätte man dann problemlos seine Kreditkarte überziehen können.

Diensag, 11. September 2001

Heute Morgen um 9:00 waren wir in einer Bibliothek betreffs Internetzugang. Remy und Reto hatten noch eine Zeit lang Glück. Ich war auf der Suche nach einem PC mit Diskettenlaufwerk, damit ich den SB schicken konnte. Die Bibliothekarin erzählte mir sehr viel und schnell. Mit meinen begrenzten Englischkenntnissen konnte ich noch so viel entziffern, dass es in New York ein Anschlag im World Trade Center gegeben hat, dass ca. 8 Stockwerke betroffen seien und dass darum die PCs an der einen Leitung (und auch der mit dem Laufwerk) darum kein Zugang mehr zum Internet haben. Reto versuchte darauf die Seite der New York Times anzuwählen - ohne Erfolg. Ca. 09:30 hatte dann auch Remy keine Möglichkeit mehr auf Seiten zuzugreifen (Zugriff verweigert - Sah wie eine Sperre des gesammten Netzes aus. Sogar Yahoo und Microsoft waren dicht). Viel später erfuhren wir dann, dass das Internet durch die Behörden bewusst gestört wurde. Also machten wir uns auf den Weg Richtung Miami. So um 10:00 traf dann ein SMS von Remys Freundin ein, die darauf beharrte, dass wir uns heute nicht in die Luft jagen lassen sollten (Danke Sarah!). Zu diesem Zeitpunkt wurden wir langsam neugierig. Wir hatten immer noch keine Ahnung und die unpräzisen Aussagen der Bibliothekarin bis da hin als "wieder mal eine Bombe" abgehackt. Wir durchsuchten darum die Radiosender nach schlauen Infos und fanden eine Storry mit Flugzeugen und brennendem WTC und unsere Neugier stieg langsam ins unermessliche. Aber alles war sehr chaotisch. Vereinzelt war in den Berichten die Rede von eingestürzten Stockwerken und dann wieder nur von Feuer. Um die Mittagszeit fanden wir dann eine Tankstelle mit Fernseher. Jetzt realisierten wir wenigstens mal das geografische Ausmass (NY und Washington). Die Bilder zeigten aber eindeutig zwei zwar brennende aber wacker stehende WTC's. Zur allgemeinen Beruhigung telefonierten wir dann nach Hause. Dabei erfuhr ich, dass anscheinend die Gebäude eingestürzt seien. Ich konnte es zuerst nicht glauben, da der Fernseher in der Tankstelle noch immer zwei stehende Wolkenkratzer zeigte und in Washington sprach man von einem HELIKOPTER, der NEBEN dem Pentagon abgestürzt sei. Und daran änderte sich auch eine weitere Viertelstunde lang nichts. Nun bekam ich auch ein SMS (Ebenfalls Danke!). Allem Anschein an hattet ihr in Europa fast in Echtzeit die aktuellsten Nachrichten, während man uns irgendwelchen alten Scheiss verkaufte. Erst nach 13:00 kamen auch durch das Radio langsam Aussagen, die sich mit den schrecklichen Schilderungen meiner Mutter am Telefon von vor dann schon mehr als einer Stunde deckten. Spätestens da fuhr es uns dann definitiv eiskalt den Rücken hinunter.

Einige Eckdaten:

Am 18.08.01, also 24 Tage zuvor standen wir unter dem World Trade Center und bestaunten den Komplex.

Am 19.08.01, also 23 Tage zuvor besuchten wir die Fire Station Wallstreet. In Anbetracht dessen, dass über 260 Feuerwehrleute ums Leben gekommen sind und das eine der nächsten Stations überhaupt war, ist die Chance sehr gross, dass die zwei Guys, die uns da noch die Hand geschüttelt haben, heute nicht mehr leben. Damals ahnten wir noch nicht wie wertvoll das Andenken werden wird, dass sie uns mitgegeben haben.

Am 31.08.01, also 11 Tage zuvor marschierten wir noch durch die Korridore des Pentagon. Ihr erinnert euch sicher an meine "hoffentlich sind sie dann bereit" Bemerkungen.

Am 07.09.01, also 4 Tage zuvor besuchten wir das Disneyland. Heute war es aus Angst vor weiteren Anschlägen geschlossen

Am 10.09.01, also 15 Stunden vor dem Anschlag verliessen wir das KSC, dass heute ebenfalls aus Sicherheitsgründen gleich wieder geschlossen wurde. 15 Stunde vor dem Anschlag haben wir die letzte Location auf unserer Liste besichtigt, die von dieser Katastrophe betroffen ist.

Ich möchte mich nochmals bei allen bedanken, die sich bei uns selber oder bei unseren Eltern um unser Wohlergehen erkundigt haben. Das gibt ein um einiges besseres Gefühl in so einer Situation. Ums gleich mal vorweg zu nehmen: Uns geht es gut und wir werden grundsätzlich an unserem Reiseplan festhalten. Wir sind jetzt in Miami Beach und werden heute (Mittwoch) hier verbringen. Nicht zu letzt um die Lage neu zu peilen und eventuelle Planänderungen zu diskutieren. Morgen soll es dann voraussichtlich zu den lieben Alligatoren in die Everglades gehen. Ich habe mich entschieden, den Statusbericht bis zum 10.9. unverändert zu schicken, da ich ja bei dessen schreiben noch wesentlich bessere Laune hatte.

Man beginnt sich zu fragen, was das alles noch für einen Sinn in dieser Welt macht, wenn man Vergnügungspärke besucht in denen dann noch Unmengen von Mitarbeiter angestellt sind, um dich zum lachen zu bringen. Drei Tage später sprengen dann ein paar andere Menschen X-tausend ARTGENOSSEN ins Jenseits. Vielleicht ist es wirklich mal Zeit, dass ein Komet die Erde trifft. Die Menschheit weiss ja nichts anderes mehr mit der Zeit anzufangen, als sich selber zu terrorisieren. Ist das logisch? Was soll einem in dieser Zeit noch motivieren sein Bestes zu geben. Diese Nachrichten haben wieder mal gezeigt, dass eine einzige Person die absolute Macht hat Unmengen von geleisteter Arbeit zu vernichten. Von den vernichteten Menschenleben ganz zu schweigen. Das kann es einfach nicht sein. Ich bin einfach zu doof, um das zu begreifen.

Wir werden am Donnerstag die Alligatoren in den Everglades besichtigen. Die sind zwar primitiver im denken, aber irgendwie doch zivilisierter. Was die weiteren Tage bringen werden wird sich zeigen. An einen Abbruch der Reise ist zur Zeit gar nicht zu denken, da eh alles dicht ist. Von der ganzen Katastrophe sind wir bis jetzt auch nur via Fernseher und Radio konfrontiert worden, da wir ja schon weit vom Krisenherd entfernt sind. Und ändern würde es ja eh nichts. Ich werde mich bestimmt wieder melden, wenn es Neuigkeiten gibt. Neuester Stand der Dinge ist, dass das FBI ihre Ermittlungen glorreicherweise auf Florida und damit unsere Gegend konzentriert, um die Mutterorganisation dieser Terroristen zu finden. Ob wir von dem was merken werden wissen wir noch nicht, aber erleichtern wird das uns das Leben bestimmt nicht.

Mittwoch, 12. September 2001

Ich hatte es am Mittwoch Morgen geschafft einen Internetanschluss zu ergattern. Ausser dem senden des SB hatte ich auch die eine oder andere Schweizer Nachrichtenseite angeschaut, ob es etwas Neues gibt. Das lesen eurer Mails musste darum auf der Strecke bleiben. Sorry! (Hab das heute nachgeholt. Danke!)Die Ereignisse des letzten Tages spuckten natürlich immer noch im Kopf herum. Das Chaos der letzten 24 Stunden hatte sich in grenzenlose Trauer gewandelt. Was Saddam Hussein mit seiner ganzen Armee nicht geschafft hat hat eine Hand voll Menschen erreicht. Amerika ist klinisch tot. Und dieser Patient wird noch eine Weile auf der Intensivstation liegen bleiben. In Florida selber merkt man eigentlich nichts von der Katastrophe. Einzig der Flughafen, an dem wir vorbeigekommen sind gleicht einer Geisterstadt. Remy und Reto konnten die letzten Nachrichten perfekt wegstecken. Ich hatte da etwas mehr Probleme damit. Will ich doch immer noch in 10 Tagen wieder zu euch zurück fliegen. Am Mittwoch machte uns das Wetter bzw. der Wetterbericht aber eigentlich mehr sorgen. Der Sturm Erin hatte zwar von der Küste Floridas abgedreht, dafür kam jetzt Gabriele vom Golf von Mexiko Richtung Nordflorida. Hatten wir bis jetzt doch immer wieder Schwein mit dem Wetter, so könnte dieser Sturm uns jetzt zeitlich genau den Rückweg abschneiden. Ausserdem hatte der Wetterbericht ausgerechnet für den geplanten Beachtag in Key West das bis jetzt schlechteste Wetter überhaupt vorausgesagt. Am Morgen sind wir zuerst in ein Nobelhotel morgenessen gegangen. Mehr als eine Stunde lang vom Buffet futtern was man will. So was müsste eigentlich aus gesundheitlichen Gründen verboten sein. Dann marschierten bzw. fuhren wir etwas durch Miami (Bild 01_09_12), bevor wir am Nachmittag wieder Südkurs einschlugen. Wir hausten an diesem Abend in einem Motel am Eingang zu den Everglades.

Donnerstag, 13. September 2001

Eins muss man den Everglades lassen: Sie bringen einem wirklich auf andere Gedanken. Am Donnerstag Morgen standen wir früh (07:30) auf und fuhren in die Everglades. An der 70 Kilometer langen Sackgasse in diesen Nationalpark gehen diverse Trails ab, die man ohne Führung zum Teil zu Fuss, zum Teil mit dem Kanu durchforsten kann. Gleich auf dem ersten Trail zu Fuss stiessen wir auf diverse Vögel und einige Alligatoren. Nur falls noch jemand in falschen Illusionen leben sollte: Da gibt es kein Zaun und keine Mauern. Die Viecher liegen 2 Meter neben dem Pfad, der hier angelegt ist (Bild 01_09_13: Im Vordergrund sieht man noch den Weg). Unser "will mal Crocodile Dundie spielen" Remy war ziemlich erstaunt darüber, dass es keine Sicherheitsvorkehrungen gibt. Aber das ist halt wie wenn man in der Schweiz in die Berge geht und auf jedem Wanderweg gepflegte Treppen mit Geländer erwartet. Das ist ein Nationalpark, den man besuchen kann und was erleben will, oder es bleiben lässt. Und die Alligatoren jagen auch nur 2 - 3 Mal pro Woche. Wenn also vor dir gerade ein Touri verputzt wird weisst du, dass die Situation ab jetzt ungefährlich ist. Ausserdem wimmelte es hier von Moskitos. Ich mag mich noch gut an die Diskussion erinnern, als ich damals auf dem Zeltplatz das erste mal mein Moskitoverstinkwässerchen zückte. "Lieber ein Mückenstich, als dieses Gift auf die Haut schmieren" und ähnlich klang es da. Drei Mal dürft ihr raten wer gemütlich die Everglades besichtigte, während zwei andere Touristen die neuesten Buschtänze ausprobierten. Gerade voll in Mode dürfte der Tanz "rechteHandansBeinlinkeHandindenNackendannrechteHandanlinkenArmundzumSchlusslinkeHandaufdieStirnschlagen" sein. Als dann die langen Hosen und Pullis (so wie eigentlich in der Visitor Station empfohlen) montiert und alle mit meinem Deo eingeschmiert waren verteilten sich dann die restlichen Angriffe gleichmässig auf alle. Aber als noch zwei leckere Studenten in meiner Nähe waren hatte ich alle Ruhe der Welt. Leider hatte ich bei einer der Moskitoattacken meine Kamera irgendwo angeschlagen. Jetzt hat es eine Delle im Zoomring, die dessen Bewegungsfreiheit einschränkt. Ich konnte die Sache mit meinem Sackmesser wieder einigermassen richten. Am Nachmittag machten wir dann noch eine geführte Bootstour durch die Kanäle der Everglades mit. Da haben wir aber nicht viel gesehen, was wir nicht am Morgen schon selber gefunden hatten. Zum Schluss fuhren wir noch nach Key West, dem Wendepunkt unserer Tour und gleichzeitig dem südlichsten Punkt Kontinentalamerikas. Wir bufften in einem Motel ein, dass auf einem Hausboot an der Innenseite des Inselgürtels liegt. Als wir dann den Wetterbericht studierten erkannten wir, dass Gabriele weiter gegen die Küste Floridas vorgerückt war. Ein Ausläufer dieses Orkanes werde uns diese Nacht und Morgen treffen während sich das Zentrum genau auf die Everglades zubewegt. Oder anders gesagt: Bleiben wir hier werden wir mindestens verschifft. Fahren wir zurück kreuzen wir genau ins Zentrum des Sturmes. Wir hatten uns entschieden auf Key West halb draussen im Atlantik abzuwarten, was passiert. Mindestens die Flutwarnungen, die im Fernseh eingeblendet wurden konnten uns auf unserem Hausboot jetzt egal sein. Jetzt hat Remy sein Erlebnisurlaub.

Freitag, 14. September 2001

Wir waren am Freitag Morgen schon ein wenig überrascht, wie hoch das Wasser in unserem Hafen stand. Als wir am Abend zuvor eingepufft hatten war die Mauer noch mindestens ein Meter trocken. Da hat aber niemand daran gedacht, dass vielleicht gerade Ebbe sein könnte. Heute morgen (genau bei Flut) stand das Wasser dann 10 cm unter dem Mauerrand bzw. etwa 30 cm unter dem Parkplatz unseres Autos (Bild 01_09_14: Im Hintergrund sieht man den blauen Van mit dem wir unterwegs sind). Wir werden uns überlegen das Auto diese Nacht an der Strasse oben zu lassen. Dafür hatten wir den Wetterbericht genau richtig gedeutet. Das Auge der mittlerweile zum Hurrikan angewachsenen Gabriele zog ca. 200 km nördlich an uns vorbei und wir bekamen lediglich eine Menge Wasser ab (Wenigstens mal eine stürmische Frau, aus der ich schlau wurde). Hätten wir uns von den ausgesprochenen Flutwarnungen ins Bockshorn jagen lassen wären wir genau ins Zentrum hineingefahren. Auf der Atlantikseite der Insel (ca. 2 km breit) hat es dennoch arg gewütet. Die Algen von der Küste lagen heute Morgen teilweise in der zweiten Querstrasse. Wir hatten während der Nacht ein leichtes rütteln unseres Hausbootes wahrgenommen und sonst nichts. Am Freitag Morgen trafen uns noch einige Ausläufer des Sturms und verseichten uns teilweise die Birne. Trotzdem haben wir Key West besichtigt und die Souvenierläden gestürmt. Am Abend konnten wir dann bei sehr angenehmem Wetter den diesjährigen Harley Davidson Treff in Key West geniessen. Remy war natürlich total aus dem Häuschen. Von der nach Las Vegas Like voll mit Neonröhren beleuchteten Harley bis zu Motorrädern, die nur noch aus Lenker, Räder und einem 8-Zillinder-Motor bestanden war hier alles zu sehen. Hauptsache nichts Original und einen höllischen Sound. Wahrscheinlich würden die wenigsten dieser Maschinen eine Zulassung in der Schweiz erhalten. An den Strassenrändern stand eine Maschine um die Andere. Wirklich beeindruckend. Dieses Event hatten wir rein zufällig getroffen und entschädigte uns voll und ganz für das schlechte Wetter der letzten Stunden.

Samstag, 15. September 2001

Am Samstag hatten wir uns als weitern Höhepunkt und zur Feier des schönen Wetters WaveRunner gemietet. 42$ für 30 Minuten - aber jeden Dollar wert. Das macht riesigen Spass. Obwohl der Typ von der Vermietung sagte, dass das Rucksackfach an der Maschine nicht 100%ig wasserdicht sei konnte ich es mir doch nicht verkneifen meine Kamera mit hinaus zu nehmen (Bild 01_09_15: Resultat). Ich war überzeugt, dass sich auch diese Maschine mit etwas Verstand sicher navigieren lässt und siehe da, sie kam heil zurück. So oder so gab es in unserer Truppe zwei Personen mit Erfahrung mit schweren Motorrädern, die die Meinung vertraten, dass man von diesen Dingern nicht zwangsläufig ins Wasser fliegen muss. Unserer Velofahrer meinte jedoch, dass man bei solch einem Event an die Grenzen gehen müsse. Drei Mal dürft ihr raten, wer einen Abflug machte. "Selber schuld" sag ich da bzw. gebt nie einem Velofahrer einen Motor zwischen die Beine. Jetzt humpelt unsere Sportskanone Reto mit einem blauen Hintern herum. Nach einem Bräunungs- und Trocknungshalt am Beach machten wir uns um die Mittagszeit wieder über die endlosen Brücken auf Richtung Norden. Ziel Chicago. Wir kamen bis in die Nähe von Fort Lauderdale. In einem mässig aussehenden aber günstigen Motel, in dem wir eincheckten, teilte sich der Besitzer die Arbeit mit einem Österreicher. Da er ja auch deutsch sprach habe ich noch ein wenig mit ihm über unsere Reise diskutiert und er hat mir Tips Betreff Abendessen und Internetzugang gegeben. Dieser vorher als Privatdetektiv tätige Groschli war vor drei Jahren ausgewandert, hatte hier aber wenig Glück. Nach der Nahrungsaufnahme hatte ich die beiden Anderen beim Motel abgeladen und bin mit dem Auto noch in die Stadt hineingefahren, um euch zu schreiben. Auf dem Heimweg standen am Strassenrand Feuerwehrautos und die Firefighters sammelten zwischen den Autokolonnen mit Stiefeln für die Hinterbliebenen der Kollegen in New York. Da fuhr es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ist es doch noch nicht so lange her, dass mein Vater selber in der Feuerwehr war. Ich schmiss das Auto in die nächste Parklücke, räumte das Kleingeld aus dem Portemonaie und lief zu den Jungs zurück. Ich hatte noch ein wenig mit einem Firemen geplaudert (Der Arme musste mein Gestaggel anhören). Er bestand dann darauf, dass ich ihm meine Schweizer Adresse gebe, damit er mir ein Dankeschön schicken könnte. Dann ging's mit dem Wissen etwas Gutes getan zu haben zurück ins Hotel. Ich war überzeugt, dass heute nichts mehr schief gehen könnte. Tja ... und dann kam die Nacht. Um etwa halb eins polterte es an die Tür. Ich dachte schon, dass ein Betrunkener die falsche Tür erwischt habe. Dann polterte es nochmals. Meine Gedanken wandelten sich zu "brennt es?". Reto gab als erster Antwort. Jetzt ertönte es von draussen "Fort Lauderdale Police Department! Open the Door!". Ich versuchte in den nächsten drei bis vier Sekunden herauszufinden, an welcher Stelle meiner nächtlichen Tour ich wohl was verbockt hätte. Reto ging an die Tür und schon stürmten zwei Polüpen das Zimmer und fauchten uns an. Reto und ich durften uns nicht mehr bewegen. Dass Remy einen tiefen Schlaf hat bewies er, in dem er immer noch weiterpennte, als schon die Cops um sein Bett standen. Das machte die Men in Black noch nervöser, als sie so oder so schon waren. Irgendwie konnten wir ihn dann doch wecken. Wir verstanden die Welt nicht mehr. Erst als der Eine was von New York und Washington schwafelte begann es mir langsam zu dämmern (Ich hatte den Vorteil dass ich, durch meinen späten Stadtbummel bedingt, noch nicht eingeschlafen war und dadurch noch etwas Restblut in der Birne hatte. Remy und Reto waren noch komplett weg). Wir hatten als einzigem dem MöchtegernShimanski an der Reception erzählt, dass wir kürzlich in New York, Boston und Washington waren und nun stellte uns ein halbes Überfallkommando und verdächtigte uns des Terrorismus. Reto konnte dann in der Aufregung die ganze Sache erklären, wir mussten die Ausweise zeigen und es wurden uns einige Fangfragen gestellt (z.B. Wieso ist das Nummernschild von Pennsylvania? Ist in Wirklichkeit von Illinois). Der zweite Cop (eine Sie) überprüfte während dem weiteren Gespräch unsere Personalien via Funk. Anscheinend hatten sie, bevor sie uns aus dem Schlaf rissen, den Van auf dem Parkplatz genauer untersucht. Auf jeden Fall fragten sie uns, was das für weisse Kabel an der Heckklappe seien. Dazu ist zu sagen, dass sich die Heckklappe nicht mehr abschliessen lässt. Damit nun keiner den Wagen ausräumen kann haben wir auch den äusseren Öffnungsmechanismus ausgehängt und damit nicht immer jemand über das ganze Gepäck klettern muss die inneren Hacken mit einer Wäscheleine nach vorne zu den Sitzen verlängert. Wir gingen nicht nachschauen, wieviele Mann stark das Bombenräumkommando war, dass wohl gerade versuchte die Wäscheleine zu entschärfen. Zum Schluss zeigte sich der eine Polizist noch verwundert, wieso wir die Klimaanlage, obwohl vorhanden, nicht eingeschaltet hätten (war ja auch für Amis heisse 20 Grad Celcius in unserem Zimmer). Er fragte, ob wir überhaupt wissen würden wie einschalten. Und das nachdem Reto erklärt hatte, dass er zeitweise für eine Firma arbeitet, die Klimasteuerungen herstellt. Reto war zu tiefst gedehmütigt ;-). Nach ca. 10 Minuten, noch bevor wir die Polizisten um ein Erinnerungsfoto bitten konnten, war der ganze Spuk wieder so schnell vorbei, wie er begonnen hatte und zurück blieben drei Touristen, die sich fragend ansahen und dann das Ganze zu begreifen versuchten. Es kann nur diese Derrick an der Reception gewesen sein, die uns angeschwärzt hat. Er hat ja auch ausgesehen wie Columbo, wenn man ihm nochmals links und rechts kräftig hingelangt hätte. Und der Rest erklärt sich durch die momentane Aufregung nur zu gut. Ich muss bei Gelegenheit mit meinem Reisebüro sprechen. Kann mich nicht erinnern, dass ich einen Erlebnisurlaub gebucht habe. Aber jetzt kann ich meine Bewerbungsunterlagen wenigstens noch um die Eigenschaften Terrorismus und Massenmörder erweitern. Aber angeblich sind ja eh alle Informatiker Terroristen. Oder wie ging das nochmals Frau ... ?

Sonntag, 16. September 2001

Am Sonntag pennten wir dann erst mal aus, um die letzte Nacht zu verdauen. Dann ging es auf Billis Swamp Safari in die Everglades zurück. Auf dem Hinweg hatten wir den natürlichen Teil besichtigt und diese Farm war jetzt eine möglichst spektakuläre Show rund um das Thema Everglades. Zuerst fuhren wir mit einem Buggy (ähnlich dem Duro im Schweizer Militär. Einfach ohne Verschalung) durch die Sumpf- und Wasserlandschaft. Dann ging es in eine Schlangenshow und zum Schluss war eine 20 minütige Tour mit einem Airboot durch die Gräser angesagt. Die Moderatoren in allen Teilen waren super. Auf die Frage im Buggy, ob das ein gefährliches Gebiet sei kam zum Beispiel die Antwort, dass man sich mal die Gitter aussen am Wagen anschauen soll. Sie hätten die erst letzte Woche montiert, nachdem ein Alligator drei Touristen gerissen hätte. Dann grölte wieder der ganze "Bus". Der Typ in der Schlangenshow war auch sehr ulkig. Für mich hat er mitten in der Show extra noch für ein Foto posiert (Bild 01_09_16). Wenn auch einiges an Kitsch geboten wurde, der Abstecher hat sich wirklich gelohnt. Den Rest des Tages haben wir dann Meilen gehobelt. Das Nachtquartier hatten wir dann in der Nähe von Sarasota in einem Motel aufgeschlagen und um unserer Nachtruhe willen nicht mehr so viel mit dem Portier gequaselt.

 

Week 1 Week 2 Week 3 Week 4 Week 5 Week 6

Home