Die Ostküste Amerikas

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Stefan Thalman

  Montag, 13. August 2001

Ich habe am Abend vor dem Flug eingecheckt. Zuerst wollten sie mein Gepäck nicht annehmen, da ich drei Taschen a je 12 kg hatte, aber die Bestimmungen nur zwei Taschen a 32 kg erlauben. Meine schnippische Bemerkung, dann sollen sie halt zwei Taschen zusammenknoten blieb ohne Erfolg. Erst als ich erwähnte, dass ich ein Rückenleiden habe und darum nicht mehr auf einmal heben kann ging alles plötzlich in Ordnung. Dummerweise habe ich den Pass nicht mitgenommen. Also musste ich am nächsten Morgen nochmals an den Schalter und mit dem Pass die Tickets auslösen. 

Dienstag, 14. August 2001

Am morgen, nach der Besorgung von ein paar nützlichen Medikamenten (Thanks Micha. Kam mir gerade noch rechtzeitig wieder in den Sinn) und einem Anti-Elefanten-Brumm (weiss der Witz ist alt) ging dann alles sehr schnell. Passkontrolle, Securitycheck, mit dem Bus zum Flugzeug und Boarding. Mit 10 Minuten Verspätung hoben wir dann ab. So ein Swissairjet ist eine fliegende Multimediashow. Während dem Start werden dir auf dem Dutzend verteilter Monitore aktuelle Geschwindigkeit, Höhe und vor uns liegende Strecke angezeigt. Während dem Flug wird auf einer Karte der aktuelle Standort dargestellt und bei der Landung stehen dort an welchem Gate du ankommst und was es für Anschlussverbindungen gibt mit Grafik des Flughafens, wo diese zu suchen sind. Echt cool und äusserst hilfreich. Man muss schon einen international anerkannten Abschluss in Blödheit haben, wenn man sich so immer noch verlaufen will. Zum Knabbern bis Brüssel gab es zuerst Schinken-Ei-Sandwiches bis zum abwinken. Die waren aber so eiskalt dass sie eh kein Geschmack hatten, was mir nicht gerade ungelegen kam. Zum Nachtisch gab es dann Glaces. Pünktlich kam der Flieger in Brüssel an und ich war froh aussteigen zu können. Meine Knie schlaberten und auch das Glace hatte den Wunsch angemeldet, nochmals das Licht der Welt zu erblicken. Die meiner Meinung nach grosszügigen 100 Minuten zum Umsteigen relativierten sich rasch, als ich sah, dass man 50 Minuten vor Abflug einchecken muss. Also am besten gerade direkt weiter. Bei der erneuten Durchleuchtung meines Rucksackes entstand plötzlich leichte Hektik. Der Typ vom Bodenpersonal fragte nach meiner Sprache. "German" antwortete ich natürlich. "Uuuhhhh... english or francais? No?" war die Antwort. Also hatte ich die Wahl zwischen schlecht oder gar nicht verstehen. In englisch ging's dann aber erstaunlich gut. Er wollte mein Messer sehen. Ich hatte mein Sackmesser in der Aussentasche. Dann ging die Untersuchung los, ob das Teil flugzeugkonform sei. Nach der Begutachtung durch drei weitere Personen war das dann doch ok. Dann ging's zum Securitycheck (Passkontrolle ist vom Flughafen, Securitycheck von der Fluggesellschaft. Ist aber beides etwa das selbe). Kleines Ratespiel, was dann kam: "Haben sie ein Messer oder sonst eine Waffe dabei?" (Die Angestellten von American Airline können deutsch, das Bodenpersonal von Brüssel nicht). Er machte einen leicht überraschten Eindruck, als ich ihm "Ja klar" ins Gesicht warf. Also wieder Messer herauskramen und begutachten lassen. Als ich ihm dann nach ca. einer Minute sagte, dass der Typ dort vorne schon sagte, dass das OK ist fand er, dass es dann für ihn auch OK ist. Dann kam das Einsteigeprozedere. Es geht kaum komplizierter. In vier Gruppen und zeitlich versetzt. Für das was die Swissair in 20 Minuten ohne Gruppen schaffte brauchte die AA 55 Minuten. Es waren aber beides etwa gleich grosse Flieger. Mit einer viertel Stunde Verspätung ging's dann erneut los.

Wie auch schon im ersten Flieger hatte ich schon wieder ein Fensterplatz etwa drei Reihen hinter der hinteren Flügelkante und somit beste Aussicht. Da aber das benutzten von elektronischen Geräten während Start und Landung verboten ist habe ich nur wenige schlaue Fotos aus dem Flieger. Nach dem Aperitif bestehend aus Erdnüsschen und einem Drink folgte das etwas verspätete Mittagessen: rock salmon (?du mich auch?) or Chicken (!das kenne ich!). Die übliche Frage: "On German?". Antwort:"fish or ??...". "Ah, fish is great!". Und was bekomme ich feines: Gegrillter Seelachs auf Nudeln mit Gemüse. Einen gemischten Salat mit französischer Sauce und eine rosa Cremeschnitte (*lechzlechz*). Nach dem Essen mussten wir dann bald mal die Läden herunter machen und die nächsten vier Stunden verwandelte sich der ganze Flieger in ein fliegendes Kino. Im Kopfhörer hatte man wahlweise den französischen oder englischen Ton. An schlafen war nicht gross zu denken, da hinter mir zwei kleine Kinder ohne Eltern sassen (wurde wenigstens nur von der Flightattandand betreut), die nicht wirklich Müde wurden (Genau wie du es beschrieben hast Coni). Zum Abendessen gab's dann Pizza, Trauben und Schokokräcker (Und das nach dem ich geglaubt hatte, dass sich der Seelachs nicht mehr übertrumpfen liese!). Dann kam der Anflug auf Chicago. In respektabler Höhe über dem Lake Michigan angeflogen steuerte der Pilot plötzlich in einer Todesspirale Richtung Landebahn. Der Vorteil ein sagenhafter 360° Ausblick auf die ganze Stadt und Umgebung, leider mit Kameraverbot. Der Nachteil es wäre nicht mehr lange gegangen und dann hätte man das Fenster wieder als reichlich belegte Pizza weiterverkaufen können. Auf die Minute pünktlich setzte der Flieger auf.

Auch nach dem Aussteigen in den langen Gängen überlegte ich mir immer noch, ob ich meine neues Revier für die Nachwelt gut sichtbar markieren sollte. In Brüssel haben wir Formulare erhalten, die wir für die Einreise benötigen. Im Flieger in mühsamer Kleinarbeit ausgefüllt waren sie einzig und alleine als Trägermaterial für einen fetten Stempel gedacht und dann war ich auch schon mit meinem Gepäck in der Ankunftshalle. Leider aber nicht in der, die für die wartenden Personen angeschlagen war. Doch nach 5 Minuten suchen hatte ich dann doch das Sauber-Käppi im Visier und Reto war gefunden.

Wir fuhren zum Häuschen von Remy und Reto, luden das Gepäck ab und gingen nach der Besichtigung der hiesigen Uni das erste Mal in Amerika in den Ausgang (logischerweise Pizza essen). Einerseits fühle ich mich hier drüben bereits jetzt pudelwohl und die ganze Reiseanspannung ist wie weggeblasen und andererseits bin ich auch eine wenig enttäuscht, wie schmerzlos und normal das Ganze jetzt abgelaufen ist. Das mit der zeitlichen Umstellung haben wir beide noch nicht so im Griff. Auf jeden Fall sind wir heute morgen um 5 schon wach gewesen und haben den morgen etwas ausgedehnter genossen. Um 8 sind wir dann die Fressalien für heute besorgen gegangen. Heute fahren wir um 19:00 CHZ mit dem Zug Richtung New York ab. Die Zugfahrt selber dauert 20 Stunden. Mit der Anreise von hier zum Bahnhof und der Reise in New York zu Remy sind wir dann über 24 Stunden auf Achse. Ich werde mich aus New York wieder melden.

Nachtrag: *grööööl* Jetzt ist doch tatsächlich so ein kleines quadratisches Galcemobil mit so einer dämlichen Chilbimusik vor dem Haus durchgefahren. Die Dinger gibt es tatsächlich. Das ist der Brüller des Tages (könnte man als Rubrik einführen).

Mittwoch 15. August 2001

Wie schon angekündigt sind wir um 16:30 aus der Unterkunft in Chicago mit all unserem Kasumpel ausgezogen. Da wir nicht genau wussten, wo die richtige Bahnstation in der Stadt ist (Jede Bahngesellschaft hat hier seine eigenen Bezeichnungen und da kann es vorkommen, dass drei Bahnhöfe in der gleichen Stadt gleich heissen, aber Kilometer aus einander liegen), haben wir genügend Reserve eingeplant. Bereits der erste Bahnhof war ein Volltreffer. Wir checken ein. Das geht ähnlich wie auf dem Flughafen. Gepäckstücke aufgeben (Sind in Grösse und Gewicht beschränkt), ID zeigen und Bordkarte fassen. Dann muss man 10 Min vor Abfahrt in der Wartehalle sein. Dort hat es Monitore, durch welches Gate man auf den richtigen Bahnsteig kommt. Um 19:10 sollte der Zug (Nummer 48) fahren. Um halb acht kam die Durchsage, dass der Zug Verspätung habe (Als ob wir das nicht selber herausgefunden hätten). Etwas später ertönte dann ein totaler Witzbold über die Lautsprecher. Sinngemäss übersetzt: "Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht: Die gute: Der Zug 48 ist in der Station eingetroffen. Die schlechte: Das Reinigen und neu Befüllen des Zuges wird noch etwa eine Stunde brauchen.". Zu diesem Zeitpunkt machte sich Reto auf Nahrungssuche und brachte 2 McFish-Menüs zurück. Ich blieb bei unseren Rucksäcken. Nun kommt der Brüller der Woche (Hab ja versprochen, dass ich das einführe): Die nächste Durchsage lautete: Der Zug Nummer 40 nach New York planmässige Abfahrt 21:10 ist zum einsteigen breit. Nochmals für die langsamen: Unser Zug namens Lake Shore war weiterhin nicht auffindbar, aber das Teil, was zwei Stunden später abfahren sollte (Name: The three Rivers) fährt pünktlich ab und die Deppen, die den 19 Uhr Zug gebucht haben warten immer noch. Ich sag nur Amerika! Um 21:40 fuhren wir dann doch auch noch ab.

Donnerstag, 16. August 2001

Da unser Zug jetzt komplett aus dem Fahrplan war mussten wir andauernd wieder anhalten und warten, bis sich zwischen den planmässigen Zügen eine Luke bildete, in der wir uns auch noch bewegen durften. Ein Tip: Wenn ihr so eine Reise bucht, dann bucht einen Schlafwagen! Wer meint, dass bei einer normalerweise 19 stündigen Fahrt ein Liegeplatz inbegriffen ist, der wird eines besseren belehrt (Bild 01_08_16: Unterkunft für fast 25 Stunden). Wenigsten waren die Sitze luxuriös und viel bequemer, als alle Flugzeuge, die ich bis jetzt kenne. Es liess sich darin erstaunlich bequem schlafen. Wir haben uns zum schlafen dann doch entschlossen, die Schuhe auszuziehen, was den angenehmen Nebeneffekt hatte, dass die zuvor noch quickfidelen aber nervenden Typen auf den Sitzen vor uns sehr bald mit einem Lächeln auf dem Gesicht einschliefen und uns nicht weiter belästigten. Der Rest der Klamotten blieben natürlich die ganze Reise die gleichen, wie wir losgewandert sind. Bis wir dann tatsächlich doch noch in New York angekommen sind hatten wir tatsächlich 5,5 Stunden Verspätung. Als Entschädigung gab es im Zug ein Säcklein Salzchips und ein Pepsi-Light (Banausen!) gratis. In New York fassten wir unser Gepäck wieder, stampften zu Fuss über den Times Square zu der nächsten Bahnstation und fuhren nach Bronxville, der 5. vornehmsten Gegend von Amerika. Dort holte uns Remy ab und fast genau um 23:30, also 30 Stunden nachdem wir loszottelten oder anders gesagt nach 40 Stunden in den gleichen Klamotten, bufften wir im College Columbia ein.

Freitag, 17. August 2001

Das mit der Zeitumstellung ist so eine Sache: Sind Reto und ich am Mittwoch noch um 5 Uhr früh fit und munter aufgestanden und haben wir am Donnerstag eh nicht genau gewusst, wann wir schlafen und vor allem wann nicht schlafen sollten, so sind wir am Freitag schon wieder um 7 Uhr früh unter Strom gestanden. Wir begleiteten Remy an seinem letzten Arbeitstag und frühstückten dabei auch gleich in der Kantine der UBS Warburg New York. Die Möglichkeit noch schnell in den "grössten Tradingfloor ohne Säulen" zu schauen lies ich mir nicht nehmen. Die Amis drehen alles immer so lange, bis sie im Besitze der Grössten, Teuersten oder Ältesten sind. Und so besitzt UBS Warburg New York eben den grössten Tradingfloor ohne Säulen. Während Remy noch seine letzten Brötchen verdiente sind Reto und ich das erste Mal New York Downtown unsicher machen gegangen. Unsere Route führte von der Central Station via Empire State Building zum Central Park. Dann begannen wir eine Essgelegenheit zu suchen. Tip: Suche im Umkreis von drei Strassen rund um den Central Park keine Fast Food Buden. Wir fanden eine 2 stündige Tour quer durch New York ohne dabei an einen McD oder ein Äquivalent zu stossen. Das erlösende gelbe M war dann aber auch ein Foto wert (Bild 01_08_17). Unterwegs deckten wir uns an einem Stand mit vier T-Shirts für 10 Dollar ein. Da gleich danach eine Taube einen gelungenen Zielangriff auf mein Hemd ausführte, bot sich auch gleich eine Möglichkeit, das Erste auszuprobieren (Die Taube konnte froh sein, dass ich nicht gerade ein Red Bull bei mir hatte). Am anderen Ende des Central Park angekommen schlenderten wir nun wieder gemütlich durch den Selben zum Ausgangsort unserer Wanderung zurück. Dort trafen wir Remy und stürzten uns ins Nachtleben. Um 1 Uhr schlichen wir dann ins Studentenheim zurück. Das Problem mit der Unterkunft war folgendes: Wir hätten sie am Freitag eigentlich räumen müssen. Da das aber auch die restlichen Bewohner nicht besonders interessierte luden wir zur Sicherheit jeden Morgen all unser Zeugs in den Van ein und schauten am Abend wieder vorbei, ob das Heim jetzt abgeschlossen sei. Dieses Prozedere funktionierte bis zu unserer definitiven Abreise am Montag früh problemlos.

Samstag, 18. August 2001

Am Samstag hatten wir dann die Zeitumstellung endlich wieder im Griff (Aufstehen um 9 Uhr). Wir steuerten nach der bereits üblichen Räumung der Unterkunft und der Beschaffung von Marschverpflegung zu dritt New York an. Eine 2 stündige Bootstour war phänomenal. Gleich neben der Landungsstelle liegt ausserdem der Flugzeugträger U.S.S. Intrepid, der vor einiger Zeit zu einem Museum umgebaut wurde, vor Anker (Bild 01_08_18: Ganz netter Kahn). Ihm und dem dazugehörigen U-Boot und Zerstörer widmeten wir den Rest des Tages. Auf dem Rückweg zur Central Station hatten wir noch ausgiebig Gelegenheit die Lichterflut des Times Square auf uns einwirken zu lassen. So was kann man nicht beschreiben und auch Las Vegas kann nicht imposanter sein. Nach einem Duschstop im Studentenheim gingen wir abermals das Nachleben von New York geniessen. Nachdem ich im Nachtklub innerhalb einer halben Stunde bereits das dritte Mal von einer Schönheit angemacht wurde, ich etwas erstaunt war, fast kein Wort verstand und der Rest der Truppe immer noch leer ausging (kein Kohl! Ihr hättet das Gesicht von Remy sehen sollen. Alleine das war der Eintritt von 20$ in den Klub wert) brachen wir die Aktion ab und machten uns auf den Weg Richtung Matratze.

Sonntag, 19. August 2001

Am Sonntag das übliche Prozedere und dann besichtigten wir noch den südlichsten Teil von Manhattan. Das Banken- und Bonzenviertel. Auch sehr eindrücklich. Die Amis bringen es tatsächlich fertig in einem riesigen Wintergarten, der auf 20 Grad heruntergekühlt wird, wieder Palmen aufzustellen. Auch die Böötchen im Hafen waren sehr fotogen. An der Wallstreet belästigten wir dann noch eine Fire Station mit unserer Anwesenheit. Ein ganz anderes Thema: Was bei uns die Katzen auf den Strassen sind, sind in New York (und angeblich auch anderen Städten) die Eichhörnchen (Bild 01_08_19: Da war doch noch ne Nuss). Genauer gesagt handelt es sich fast um eine Eichhörnchenplage. Jeder New Yorker würde sie am liebsten erschiessen und dann kommen so doofe Touris und lassen fast ihren ganzen Speicherchip im Fotoapparat bei diesen Dingern durch. Aber nicht selten hast du nur noch einen verschwommenen Strich auf dem Bild. Zum Teil haben diese Viecher wirklich einen (Zitat Reto!) "Knick i de Fichte". Sie machen Überschläge und andere kuriose Verwindungen mitten auf dem Rasen oder greifen die wenigen (aber zielgenauen) Tauben an, die es hier hat. Nur schon darum waren mir die Nager sehr sympathisch. Wir gingen früh in unsere Bleibe zurück, weil wir am nächsten Morgen definitiv Richtung Boston aufbrechen wollten. Wir benutzten bei dieser Gelegenheit auch noch schnell die Waschmaschinen, um uns restlos zu retablieren. Sauber waschen die ja nicht, aber im Ränder ausfransen sind sie gut. Erkenntnis des Tages: Mitten in einem Strassenkaffee ist das parkieren heute ausnahmsweise verboten.

 

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